DOCUMENTA EXO – Jens Joneleit

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Vernissage
Freitag, 26. April 2024, 18-21 Uhr
Der Künstler ist anwesend

AUSSTELLUNG
22. April  – 18. Mai 2024

Malen als Befreiung vom Ego
Jens Joneleit ist ein vielschichtiger Künstler, rastloser Wanderer, der mit schier ungebändigtem Enthusiasmus und Intensität die Bereiche der bildenden Kunst, Musik und des Films durchquert. Jede seiner Gemälde-Serien sind Eruptionen von Farbe und Textur. Viszerale Momentaufnahmen der visuellen Archäologie des Hier und Jetzt, in denen unbestimmbare Formen in eine scheinbar chaotische Choreografie zwischen Licht und Schatten eingreifen. Während es Joneleit bei seinem bildnerischen Machen vorrangig darum geht, durch intuitive Kritzeleien und Strichwerk Markierungen zu setzen, Flächen optisch zu etablieren, ist dieses Tun jedoch für die Augen beim Betrachten mehr ein Komponieren visueller Symphonien, bei dem Striche wie scheinbar sorgfältig platzierte Notate geschichtet werden, die jeweils zu einem Gesamtbild beitragen, welche für Joneleit in der Hauptsache eigenständige Objekte bedeuten.
Die Lebendigkeit und Körperlichkeit seines visuellen Vokabulars spiegelt die dissonanten Energien seiner Musik wider und deutet auf verborgene, zum Teil auch scheinbar vertraute Elemente hin, die in das Gefüge seiner Kunst eingewoben sind, mit dem Ziel die Dinge neu zu sehen. Auch aus diesem Grund dient für Joneleit neben der Malerei die Musik als wichtiger Katalysator verschiedene neuartigen Möglichkeiten der Auseinandersetzung aufzuspüren. Joneleits Kompositionen, die sich durch eine unnachahmliche Energie und innovativem Einsatz ungewohnter Klangfarben auszeichnen, entziehen sich jeder Kategorisierung. Beflügelt wird Joneleit durch die Freiheiten des Free Jazz, genauso wie durch die Strenge europäischer Tradition und treibt damit eine Sehnsucht an, andersartige klangliche Erkundungen zu machen und diese Klangerfahrungen zu verweben, die sowohl persönlich als auch zutiefst bewegend sind.
Vom elektrisierenden Chaos seiner Opern und symphonischen Hörbilder bis hin zur introspektiven Schönheit seiner Jazz-Grübeleien und auch den kleineren instrumentalen Kammermusikwerken nimmt uns Joneleit auf Wege durch das Innenleben musikalischer Möglichkeiten und verschiebt damit die Grenzen dessen, was Musik zudem noch alles neben sein kann.
In seinen Filmen verschmelzen Visuelles und Akustisches nahtlos und schaffen immersive Erlebnisse, die die Grenzen zwischen realer Wahrnehmung und inszenierter Vorstellungskraft verwischen. Seine Oper METANOIA aus dem Jahr 2010 ist ein Beweis für seine Fähigkeit, eine multisensorische Erzählung zu weben, in der Musik, Performance und bildhaftes ein Werk von tiefgreifender sowohl rationaler als auch emotionaler Resonanz zu schaffen.
Die kreative Ausdauer von Jens Joneleit lässt sich nicht auf eine einzige Disziplin beschränken. Er ist ein Maler, der Klang formt, ein Komponist, der mit Licht malt, und ein Filmemacher, der Bedingungen und Situationen verwebt und so neue Erzählformen schafft, die mehr sein können als bloß das filmische Erzählen einer wie auch immer gearteten Geschichte.
Die inhärente Verbindung zwischen den Künsten übt eine faszinierende Polyphonie aus Bildern und Klängen aus, die Joneleit nur dazu dient, sich ständig weiterzuentwickeln und zu überraschen. Das ist die Quintessenz seines kreativen Tuns und für ihn gleichzeitig die Definition von Kunst: Risiko zu wagen.
Ein ständig aufs Neue bloßes Umformen ein und derselben Sache oder Idee, so die gängige Praxis der bildenden Kunst hauptsächlich damit befasst zu sein, einen wie auch immer gearteten Personalstil zu begründen, ist für Joneleit keine Kunst, sondern lediglich eine selbstgenügsame Manufaktur. Nach Joneleits Auffassung kommt es ihm vor, als spielen bei einer solchen Praxis des Kunstmachens die jeweiligen Ergebnisse kreativen Handelns eher eine untergeordnete Rolle, während die Selbstdarstellung der kunstmachenden Person größeres Gewicht hat. Joneleit stößt diese Egomanie ab, da er glaubt, dass eine Künstlerpersönlichkeit sich ausschließlich durch die Ergebnisse des schöpferischen Handelns ergibt und nicht durch die Person an sich.
Um bei sich selbst einer egomanischen Strömung entgegenzuwirken, ist Joneleits Arbeitsansatz die Diskontinuität. Eine diskontinuierliche Herangehensweise befähigt Joneleit dazu durch das fortwährende Umwälzen des gesamten eigenen Tuns, als auch das fortwährende Hinterfragen bereits erreichter Ziele lediglich jene Routine zu entwickeln, die die Falle von Routinen vermeidet bzw. ihm erlaubt diese Falle zu umgehen.
Für Joneleit muss Kunst die Kraft haben, zu einem Betrachten ohne Vorkenntnisse einladen zu können, vor den Bildern zu verharren, die Betrachterinnen und Betrachter in einen Bann zu ziehen und mit den Bildern zu ihren ganz eigenen Erfahrungen zu kommen. Dabei sind diese Erfahrungen aber keine, die einem beim Betrachten vom Künstler mittels der Bilder oktroyiert werden, sondern Joneleit versteht seine bildnerischen Arbeiten als Mittler einer sich im Laufe des Betrachtens verändernden Wahrnehmung. Eine derartige Kraft, davon ist Joneleit überzeugt, kann durch ein Kunstwerk erst dann geschaffen werden, wenn die Persönlichkeit des Künstlers vollends im Kunstwerk aufgeht, anstatt das Kunstwerk bloß den Ausdruck des eigenen Ichs des Künstlers bedient.
Kunst ist für Joneleit erst dann wirkliche Kunst, wenn sie bei den Betrachterinnen und Betrachtern eine Auflösung eines bisherigen Verständnisses hervorruft. Eine derartige Kunst ist nach Joneleit nur dann möglich, wenn das Malen zunächst eine Befreiung vom eigenen Ego bewirkt.

DOCUMENTA EXO Serie
Das Changieren zwischen realem und unwirklichem, dem verborgenem, aber auch offensichtlichem charakterisiert die Werkreihe der DOCUMENTA EXO Gemälde. Erkundet werden Territorien ohne geordnete Hierarchien und versucht durch diese Offenheit Schnittstellen aufzufalten, bei dem eine Art der Betrachtung möglich wird, die vollkommen frei zwischen den unzähligen und sehr verschiedenartigen Elementen hin und her navigieren kann, sodass jede Betrachtung zu ihrer ganz eigenen Lesart kommen kann.
Indem Joneleit Oberflächen bearbeitet und Spuren hinterlässt, die scheinbar zusammenhangslos und in keiner Beziehung zueinanderstehen, schafft er eine neue Form der visuellen Sprache, die dem Betrachten Freiheiten ermöglichen, die
Bedeutung des Ganzen selbst zu finden. Joneleit lässt damit keine Mitteilungsräume entstehen, sondern Erfahrungsräume, die man beim Betrachten dieser Gemälde vollkommen ohne Vorkenntnis einer vom Künstler in den Raum geworfenen, erfundenen Theorie oder mehr oder weniger verwirrenden Fahrplänen mit dem Auge begehen kann. Joneleit ermöglicht damit, dass diese Bilder noch viel mehr sein können—von der Wirkung im höchsten Maße selbst sogar psychologisch, jedes einzelne Bild die Kraft hat, etwas mit seinen Betrachterinnen und Betrachtern zu machen, als sie bloß zu einem Schauen einzuladen.
Jede Leinwand in der Serie beginnt leer, und genau in dem Moment da Joneleit die imaginären Bereiche seiner Gedankenwelt in Zeichen übersetzt, erfindet er Regionen und damit auch andere Räume, die sowohl im Begriff sind, während des Betrachtens zu wachsen als sich auch aufzulösen. Für ihn sind diese Leinwände keine Ebenen, um darauf irgendetwas abzubilden, um zu einer bildhaften Übertragung zur Vergegenwärtigung einer Wirklichkeit beizutragen, sondern die als real erfassbaren Oberflächen dienen als Ergebnisse für eine gegenwärtige Wirklichkeitserfahrung.
Diese Leinwände weisen in dieser Form auf ihre eigene physische Realität hin und eröffnen damit eine Arena für intuitives Gekritzel, ähnlich den Überresten von Kritzeleien von Passanten an von ihnen vorbeigegangenen Wänden. Diese Wände „sammeln“ auf diese Weise urbane Semiotik eher intuitiv als bewusst. Um beim Malen dieser Werke genau jene unterschiedlichen Haltungen und Persönlichkeiten anzunehmen und jedes neue zusätzliche Element anders erscheinen zu lassen als jedes vorangegangene, besteht die größte Herausforderung darin, sich vom eigenen Selbst zu trennen, um eine überzeugende, komponierte Nicht-Komposition zu schaffen.
Als jemand, der auf die Diskontinuität setzt, möchte Joneleit Erklärungen für Dinge finden, zu denen es scheinbar keine gibt – immer strebend, immer suchend, niemals aufgebend, Brücken zu bauen, wo vorher keine waren, oder vielleicht auch Brücken bauen, wo uns das allgemeine Wissen sagt, dass Brücken eigentlich nicht nötig sind, und so den schöpferischen Urschlamm zu kultivieren, der ein anderes Denken und ein anderes Malen entzündet, aber noch mehr, wie man malt und dabei ganz einfach nicht denkt, bzw. das Denken insoweit auszuschalten, dass nicht bloß Erdachtes visuell umgesetzt wird, sondern eher man dem reinen Machen seinen Lauf lassen kann.
Auch wenn dies gegen zeitgenössische Normen verstößt, ist Joneleit davon überzeugt, dass gerade die Diskontinuität die Form von festgefahrener Symbolik, Ideologien und damit auch die Frage nach dem Stil sprengen, bzw. auflösen kann und erst durch diesen Akt der Befreiung visuelle Bereiche und Ebenen in das Bewusstsein der Betrachterinnen und Betrachter rücken können, die bislang noch nicht ins Spiel einer Betrachtung kommen konnten. Seiner Meinung nach trägt künstlerisches Tun zuallererst die Betrachterinnen und Betrachter im Blick, da er selber zunächst ein Betrachter ist, und kann erst auf diese Weise wirklich zur Auflösung eines bisherigen Verständnisses unter den Betrachterinnen und Betrachtern beitragen, anstelle das künstlerische Äußerungen lautstark ausschließlich die Ego-Inkarnation des Schöpfers bedient.
Joneleit ist nicht an der Suche interessiert mit seinen Kunstwerken auf Anhieb zu gefallen, sondern weiß aus Erfahrung, dass wirkliches Neuland nur gefunden werden kann, wenn man danach strebt, alles noch Unbekannte entdecken zu wollen. Er möchte die tiefer liegenden Bereiche des scheinbar Unmöglichen und damit eine sogenannte Quantenkreativität erforschen. Sobald diese Strömungen als Ergebnisse seiner kreativen Handlungen in diese Richtung fließen, kann er auf kleinem Raum eine Welt, vielleicht sogar ein Universum erschaffen. In jenen Momenten kann es gelingen Visionen in Realität umzusetzen und bei den Betrachterinnen genau jenes Chaos entfachen, dass ihre Gewohnheiten aufreibt allein zum Zweck, dass die Betrachterinnen und Betrachter beim Betrachten seiner Gemäldeobjekte zu sich selbst kommen, jedes von ihnen betrachtete Kunstwerk für sich selbst zur Vollendung zu bringen.
Für Joneleit hört der Fluss nie auf, weil es sich nicht um ein Stop-and-Go handelt, bei dem eine gesehene Welt lediglich „bildhaft entworfen“ wird, sondern das Gesehene nicht nur eine rein psychische, sondern auch eine physische Wirkung auf jede Betrachterin und Betrachter hat.
Schaut man sich ein beliebiges DOCUMENTA-Gemälde aus der Serie an, kann es sein, dass man sich minuten- oder stundenlang darin verliert und versucht, alles zu sehen, die Bedeutung aufzudecken und durch das erlebte zu einer beim Betrachten real gelebten Symbiose mit dem Kunstwerk zu erreichen.
Das Erkennen der möglichen Symbiose geschieht erst hinterher, nach dem Betrachten, sodass diese Kunstwerke der DOCUMENTA EXO Serie die Kraft besitzen, in den Nachgedanken jeder einzelnen Betrachterin und einzelnen Betrachter haften zu bleiben—somit als ideelle „Dokumente“ einer andersartigen Erfahrung zu funktionieren, bei der es möglich ist, alles Gesehene aufs Neue zusammen zu denken, nur um sich dann wieder zu verlieren, als vielleicht einzigartige Gelegenheit der Erkenntnis des Lebens, bei dem 2 + 2 entgegen der landläufigen Meinung nicht unbedingt gleich 4 ergibt.

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