Erde und Zeit – Jochen Proehl

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Vernissage
Freitag, 20. September 2024, 18-21 Uhr
Der Künstler ist anwesend

AUSSTELLUNG
17. September  – 09. Oktober 2024


Jochen Proehl
thematisiert in seinen Bildern nicht konkrete Orte und nicht bestimmte Augenblicke, sondern er formuliert in seinen Arbeiten immer das Allgemeine, eine grundsätzliche und allgemeine Struktur oder Beschaffenheit. So wird bei ihm Stadt zu einer wirklichkeitsfernen urbanen Anatomie, Landschaft verlassene oder nie-besiedelte Wüste.

Proehl belegt nur die materielle Existenz des Raumes oder Ortes. Doch es fehlen temporäre Phänomene, Formen des Lebens – zum Beispiel Pflanzen, Tiere oder Menschen. Der Mensch wird nur sichtbar in den mächtigen Spuren, die er in diesen einsamen Welten hinterlassen hat.

In seiner Kunst ist für Proehl die Welt kein Ort oder Zustand, nicht zuerst ein Lebensraum, sondern andauernder Prozess ständigen Wandels.

„In meinen Bildern will ich etwas erzeugen, das mit einer Jahrtausende andauernden fotografischen Langzeitbelichtung vergleichbar wäre, bei der alles, was sich nur vorübergehend im Bildausschnitt befindet, hinterher nicht sichtbar wird“, sagt Proehl, „als hätte man vor Jahrtausenden den Verschluss einer Kamera geöffnet und ihn erst nach dem Ende der Welt wieder geschlossen. Alles, was kürzer als diese Zeit existiert, wie Natur, Menschen, Zivilisationen, tritt allenfalls als Spur oder Überbleibsel in Erscheinung.”

In der praktischen Arbeit jedoch orientiert sich Proehl sehr gründlich an der sichtbaren Welt. Tagelang zieht er über Baustellen und archäologische Grabungsareale. Dort findet er die Erdformen und Materialien, das Formenrepertoire, aus dem er seine Bilder baut.

Das formale Fundament der Bilder legt der Künstler meist mit geometrischen Grundformen. Diese Quadrate, Rechtecke und Kreise unterstreichen so das Unspezifische, die Verallgemeinerung der Bildmotive.

Die künstlerische Distanz dieser Bilder zur sichtbaren Welt unterstreicht auch seine Technik. Durch das ausschließliche Verarbeiten der Ölfarben mit breiten Pinseln konzentriert sich die Dynamik des charakteristischen Pinselduktus auf die Gesamtheit einer Form. Jochen Proehl vergleicht jeden einzelnen Pinselstrich mit einem Wort in einem Satz: „So wie das Wort das kleinste semantische Element in einem Satz ist, so ist jeder einzelne Pinselstrich in meinen Bildern wie ein Wort in einem Satz.“ Die Anordnung jedes einzelnen Pinselstrichs im Gesamtzusammenhang des Bildes ist also nicht rein gestisch, sondern folgt einer genauen „Choreografie“, wie der Künstler selbst formuliert.

Die Kunst von Jochen Proehl bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit und öffnet Fenster zu einer Sicht auf unsere Welt, in der alle Zeit der Welt verdichtet scheint.

„Es muten diese Formen vielfältig und doppeldeutig an und eröffnen Räume ästhetischer Gegenwelten. Sie sind Auslöser, die beim Betrachter Bilder freilegen, die mit seinen Erinnerungen, Erfahrungen und intuitiven Kräften verbunden sind. (…) Jochen Proehl entwickelt eine Neustrukturierung der Beziehung zwischen Bildraum und Realraum und erreicht damit ein Ineinandergreifen von objektiv Gesehenem und subjektiver Empfindung, von Bewusstem und Unbewusstem und schafft sehr eigene Morphologien von großer lyrischer Kraft“.*

Geboren in Lübeck, verbrachte Jochen Proehl seine Kindheit und Jugend in Istanbul. Er studierte später an der HdK in Berlin, wo er danach mehrere Jahre arbeitete und lebte. Heute ist er ein Wanderer zwischen den Kulturen und lehrt seit über zehn Jahren an der Fakultät für Kommunikation der Bahçeşehir University Istanbul.

 

*Necmi Sönmez, in Jochen Proehl, Ripped Landscape, S. 3-5, Berlin, 2016

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